Serie über die Hofer Straßen

01. April 2023

Dr.-Scheiding-Straße

Die Dr.-Scheiding-Straße, seit 1951 so genannt, verläuft von der Leopoldstraße aus um die Nordseite des Ziegelackerviertels herum und setzt sich in der Gartenstraße bogenförmig fort. Benannt ist sie nach dem Hofrat Dr. Gottlieb Scheiding (1860 – 1943). Dr. Scheiding wurde 1860 in Kulmbach geboren und wirkte seit 30. September 1886 in Hof als praktischer Arzt. Von 1900 bis 1908 war er Vorstand des ärztlichen Bezirksvereins, von 1893 bis 1919 Mitglied des Gemeindekollegiums. Dr. Scheiding erwarb sich große Verdienste bei der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt Hof: Er war Gründer der Sanitätskolonne und Mitbegründer und Förderer des Museums. Für uns besonders erwähnenswert: Dr. Scheiding war auch Mitbegründer der Baugenossenschaft Hof (1909). Er war Mitglied im ersten Aufsichtsrat (in dem übrigens auch der Großhändler Max Rinck saß – auf ihn kommen wir an anderer Stelle zurück). Weiterhin war er über 20 Jahre ehrenamtlich im Feuerbestattungsverein Hof tätig und hat dort insbesondere die Verwaltung vielseitig unterstützt. Auch an der Realisierung des Hofer Krematoriums hatte er einen hervorragenden Anteil.

Die Versammlung der Demokratischen Partei hatte Dr. Scheiding zu seinem 70. Geburtstag als Senior der Hofer Demokraten gewählt. Auch sein 80. Geburtstag wurde noch offiziell begangen: Die Stadt Hof ehrte den Jubilar als einen ihrer bekanntesten und angesehensten Bürger. Besonders erwähnt wurde dabei die Gründung der früheren freiwilligen Sanitätskolonne, des heutigen Roten Kreuzes. Weiterhin hielt Dr. Scheiding zahlreiche Vorträge über Erste Hilfe und andere grundlegende medizinische Fragen. Natürlich wurde auch seine Mitwirkung im Gemeindekollegium (dem heutigen Stadtrat) dankbar erwähnt. In Anbetracht dessen, dass er seine Arztpraxis erst 1930 schloss, muss man das Leben von Dr. Gottlieb Scheiding als sehr gefüllt, aber eben auch erfüllt sehen. Zur Erinnerung an seinen Einsatz für das Allgemeinwohl wurde sicher zurecht eine Hofer Straße nach ihm benannt.

Wir möchten hier nicht versäumen, auch seine Ehefrau, Berta Scheiding, zu erwähnen. Sie lebte von 1867 bis 1941. Sie leitete den Verein Frauenwohl und den Hausfrauenverein. Natürlich unterstützte sie die Bemühungen ihres Mannes für das Allgemeinwohl, hatte aber darüber hinaus vor allem für die damals noch ziemlich rechtlosen Frauen ein besonderes Herz. Sie kann zurecht als feministische Vorkämpferin in der Region gesehen werden.

Die Baugenossenschaft Hof ist in der Dr.-Enders-Straße mit der Hausnummer 38 und 40 vertreten. Über den Namensgeber ist leider sehr wenig herauszubekommen. Im Internet wird er nicht erwähnt. Aus dem Einwohnerverzeichnis wissen wir, dass der Arzt Dr. Michael Wolfgang Enders von 1847 bis 1921 lebte. Er wird dort als ein großer Wohltäter der Armen beschrieben. Die Straße wurde noch in seinem Todesjahr nach ihm benannt. Bei meiner Recherche im Stadtarchiv wurde ich dann doch fündig, wenn auch die Informationen nicht üppig sind.

Demnach hatte Dr. Enders 1866 das Gymnasium Hof absolviert und ein Medizinstudium begonnen. 1870/71 nahm er am Feldzug gegen Frankreich als praktischer Arzt teil, dann ließ er sich als Fabrikarzt in Pfersee westlich von Augsburg nieder. Dieser Ort bildete bis 1911 eine eigenständige Gemeinde und wurde dann von Augsburg eingemeindet. Nach seinem Renteneintritt zog Dr. Enders wieder nach Hof. In der Tageszeitung findet sich zu seinem Tod folgende Notiz: Die hervorragende Menschenfreundlichkeit von Dr. Enders trieb ihn dazu, sein Wissen und seine Kunst den Armen und Bedrängten zu widmen „mit überaus großer Zahl derer in Hof und weit über unsere Stadt hinaus“. Seine Hilfe ließ er den Erkrankten um Gottes Lohn angedeihen.

Bismarck führte zwar bereits 1883 die Krankenversicherung und 1889 die gesetzliche Rentenversicherung ein, dennoch gab es im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts noch genügend Menschen, denen dieser Segen verwehrt blieb. Dr. med. Michael Enders war ein Philanthrop (Menschenfreund) und eine Erinnerung an ihn ziemt sich bis heute. In seiner Todesanzeige ist auch von Kindern die Rede. Vielleicht gibt es ja bis heute Nachkommen, die etwas mehr von ihrem Vorfahren und Namensgeber der Dr.-Enders-Straße berichten können. Diese würde ich bitten, mögliche Quellen zu Dr. Enders ins Stadtarchiv zu bringen, sodass diese der Öffentlichkeit zugänglich werden.

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